Startklar für die digitale Eigentümer­versammlung

Laut einer aktuellen Online-Umfrage auf www.haufe.de/immobilien sprechen sich 80% von insgesamt 1931 Stimmen für eine reine Eigentümerversammlung online in Zukunft aus.* (Stand:13.09.2023)

Die Digitalisierung prägt stark unseren Alltag, und verändert grundlegend etablierte Prozesse in der Immobilienwirtschaft. Ein Bereich, der hiervon besonders partizipiert: die wichtige Eigentümerversammlung.

Die herkömmliche Präsenzveranstaltung weicht zunehmend einer modernen Alternative – der digitalen Eigentümerversammlung. Mindestens einmal im Jahr müssen WEG-Verwalter:innen eine Eigentümerversammlung einberufen. In der Eigentümerversammlung entscheiden die eingeladenen Wohnungseigentümer:innen über die Bestellung und Abberufung des Verwalters, die Jahresabrechnung (Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung), den Wirtschaftsplan und Sonderumlagen, die Entlastung des Verwalters, die Wahl des Verwaltungsbeirats, bauliche Maßnahmen und vieles mehr.

Faktencheck: Was ist aktuell erlaubt?

Durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) wurden auch Regelungen für die Durchführung von Eigentümerversammlungen online geschaffen. Seit dem 1. Dezember 2020 ist es möglich, Eigentümerversammlungen virtuell abzuhalten, sofern dies nicht ausdrücklich in der Teilungserklärung ausgeschlossen wurde. Diese Entwicklung eröffnet neue Möglichkeiten für flexible Versammlungsformate und erleichtert die Teilnahme für alle Eigentümer:innen, unabhängig von ihrem Wohnort.

In Präsenz, hybrid, oder rein digital in der Zukunft: die Eigentümerversammlung und ihre Abhaltungsform sind ein Thema, was spätestens seit der Pandemie jede WEG-Verwaltung schon einmal durchdacht und sich damit beschäftigt hat. Die Frage, die aktuell viele beschäftigt: welche Möglichkeiten wird es hier in Zukunft geben? Fakt ist: Eigentümerversammlungen in Präsenz oder in hybrider Form sind laut WEG-Reform aktuell rechtlich erlaubt.  

Kurz zusammengefasst: Die aktuelle Gesetzeslage im Überblick

Die Eigentümer:innen treffen ihre Entscheidungen in der Regel per Mehrheitsbeschluss. Per Gesetz vorgegeben ist das Kopfprinzip. Jede:r Teilnhemer:in hat eine Stimme. Eigentümerversammlungen sind nicht öffentlich. Grundsätzlich dürfen nur Mitglieder der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft teilnehmen. Eigentümer:innen haben allerdings das Recht einem Stellvertreter eine Vollmacht zur Teilnahme-Berechtigung auszustellen und zu erteilen.
Eine ordnungsgemäße Ladung zur Eigentümerversammlung ist Voraussetzung für gültige Beschlüsse. Hierzu muss die Ladungsfrist eingehalten werden. Diese beträgt seit dem 01.12.2020 drei Wochen. Zuvor betrug sie zwei Wochen. Durch die WEG-Reform wurde die Frist um eine Woche verlängert.

Ab 1.12.2020 ist eine Eigentümerversammlung immer beschlussfähig, unabhängig davon, wie viele Eigentümer:innen oder Miteigentumsanteile in der Versammlung vertreten sind. Das Erfordernis, mangels Beschlussfähigkeit Wiederholungsversammlungen abzuhalten, entfällt.
Den Vorsitz in der Eigentümerversammlung führen normalerweise die Verwalter:innen. Die Verwalter:innen sind auch dafür verantwortlich, ein Protokoll zu erstellen und die gefassten Beschlüsse unverzüglich nach der Eigentümerversammlung in die Beschluss-Sammlung einzutragen.

Durch die WEG-Reform wird die Möglichkeit eingeführt, dass Wohnungseigentümer:innen auch in elektronischer Form an der Eigentümerversammlung teilnehmen können. Hierzu bedarf es eines entsprechenden Beschlusses. Zugleich darf die Möglichkeit einer Präsenz-Teilnahme nicht ausgeschlossen werden. Eine reine Online-Versammlung ist daher auch nach der WEG-Reform aktuell nicht zulässig.

Ausblick: Was sieht der
Referenten­entwurf des Bundesjustiz­ministeriums genau vor?

Ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht vor, eine neue Beschlusskompetenz einzuführen.
Demnach sollen die Wohnungseigentümer:innen mit einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen die Möglichkeit rein virtueller Eigentümerversammlungen in ihrer Gemeinschaft beschließen können.

Die Erlaubnis soll auf einen Zeitraum von drei Jahren ab Beschlussfassung begrenzt sein.

Was bedeutet hybride Eigentümerversammlung und wo liegt der Unterschied zur Eigentümerversammlung online?

Hybride Eigentümerversammlungen kombinieren Präsenzveranstaltungen mit Online-Teilnahme. Wohnungseigentümer:innen können wählen, ob sie virtuell abstimmen oder persönlich anwesend sein möchten. Diese Mischung aus physischen und virtuellen Treffen erlaubt Ihnen als Verwalter:in, die rechtliche Grauzone der digitalen Versammlungen zu umgehen und die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Diese Flexibilität steigert die Beteiligung und kann die Effizienz im Vergleich zu reinen online Versammlungen erhöhen. Die Beschlussfassung erfolgt gemäß den gleichen Regeln wie bei Präsenzveranstaltungen, wodurch die rechtlichen Aspekte weiterhin gewahrt bleiben.

So funktioniert’s: Digitale Eigentümer­versammlung im virtuellen Raum kurz erklärt

Neben den herkömmlichen Videokonferenzsystemen wie MS-Teams, Zoom oder Skype, gibt es auch Web-Meetings mit sogenannten Avataren als Möglichkeit. Bei den Web-Meetings treffen sich Teilnehmer:innen in virtuellen Räumen. In diesen Räumen können digitale Dokumente angezeigt und in Echtzeit über Chatfunktionen bearbeitet werden. Anstelle von realen Personen bewegen sich Avatare im virtuellen Raum. Ein Avatar ist die grafische Darstellung eines Teilnehmers, stellvertretend für die reale Person. Anders als bei Videokonferenzen sind die Teilnehmer:innen nicht real auf dem Monitor zu sehen.  

Als Verwalter:in haben Sie die Möglichkeit, den virtuellen Konferenzraum individuell für die entsprechende WEG vorzubereiten. Sie laden Präsentationen hoch, bereiten Whiteboards und Abstimmungstools vor.

Zum verabredeten Zeitpunkt treffen Sie sich dann mit den Eigentümer:innen zur virtuellen WEG-Versammlung. Dazu müssen Sie vorab eine Einladung mit entsprechenden Zugangslinks an die Teilnehmer:innen schicken. Alle Eigentümer:innen sind mit einem Headset ausgestattet und können so aktiv an Diskussionen und Unterhaltungen teilnehmen. Mithilfe von Abstimmungstools sind geheime oder öffentliche Abstimmungen möglich. Notizen oder Anregungen können – wie bei einem realen Workshop – direkt an einem virtuellen Whiteboard oder an Pinnwänden wie mit Post-its festgehalten werden.

Und auch für den informellen Teil jenseits der offiziellen WEG-Versammlung ist in der virtuellen Welt gesorgt: Nach dem Treffen können sich die Eigentümer:innen noch zu einem privaten Austausch virtuell zusammensetzen.

PRO Eigentümerversammlung online – Ihre Vorteile auf einen Blick:

  • Jede:r Eigentümer:in kann von jedem Ort aus teilnehmen.
  • Lange Anreisen von auswärtigen Eigentümer:innen entfallen (Zeit- und Kostenersparnis).
  • Mehr Flexibilität für Sie als Verwalter:in.
  • Es müssen keine kostenpflichtigen Versammlungsräume (inkl. Catering) angemietet werden.
  • Die Terminfindung ist leichter, vor allem bei großen WEG’s mit höheren Teilnehmerzahlen, was ggf. Auswirkungen auf die Beschlussfähigkeit hat.
  • Eine digitale Willensbildung und Beschlussfassung kann auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken, da Sie Ihren Verwaltungsaufwand reduzieren und die Attraktivität Ihres Berufsbildes deutlich erhöhen.

CONTRA
Eigentümerversammlung online:

  • Jede:r Teilnehmer:in benötigt die technischen Voraussetzungen.
  • Die direkte zwischenmenschliche Kommunikation fehlt, über die sonst auch nonverbale Signale übertragen werden.  
  • Missverständnisse können entstehen, gerade bei kritischen und sensiblen Themen.  
  • Online nicht versierte Eigentümer:innen könnten leichter ausgegrenzt werden und benachteiligt sein.

Unsere Checkliste für Ihre nächste Eigentümer­versammlung online

Die Umstellung von traditionellen Präsenzveranstaltungen auf digitale Eigentümerversammlungen erfordert besondere Aufmerksamkeit und eine gründliche Vorbereitung. Hier sind für Sie entscheidende Aspekte gelistet, die bei der Planung und Durchführung unbedingt zu beachten sind:

  • Technik überprüft: Stellen Sie sicher, dass alle Eigentümer:innen Zugang zu geeigneten Endgeräten (Computer, Tablets, Smartphones) haben. Möglicherweise sind technische Schulungen oder Schritt-für-Schritt-Anleitungen vorab erforderlich, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer:innen mit der verwendeten Plattform vertraut sind.Spart Zeit und Aufwänd: Datensätze per Knopfdruck löschen, Datenauskünfte für Kunden oder Behörden im Handumdrehen aufbereiten
  • Teilnehmer:innen überprüft: Bei digitalen Eigentümerversammlungen gilt das Sicherstellen der Nichtöffentlichkeit. Nur „berechtigte Personen“ dürfen teilnehmen. Dies kann beispielsweise durch die Vergabe von Zugriffs-Passwörtern oder Einladungslinks auf das entsprechende System oder Tool sichergestellt werden.
  • Moderation vorbereitet: Als Hausverwaltung müssen Sie gerade bei der Kombination aus einer realen und digitalen Eigentümerversammlung auf eine gute Moderation achten, sodass alle Teilnehmenden auch ausreichend zu Wort kommen.
  • Verhaltensregeln im Vorfeld definiert: Zu Beginn der Eigentümerversammlung sollten Sie diese Verhaltensregeln gerade auch für die zugeschalteten virtuellen Teilnehmer:innen klar kommunizieren. Beispielsweise für die virtuelle Teilnahme das Nutzen der Stummschaltung, um Hintergrundgeräusche und Rückkopplungen zu vermeiden.
  • Umgang mit Zwischenfragen geregelt: Die Möglichkeit für Fragen und Diskussionen sollten allen Teilnehmer:innen eingeräumt werden. Je nach Verwendung des Tools können Sie sich hier mit den virtuellen Teilnehmer:innen auf die Meldefunktion oder Chatfunktion einigen.
  • Dokumentation sichergestellt: Es ist wichtig, sämtliche Beschlüsse und Diskussionen während der virtuellen Eigentümerversammlung ordnungsgemäß zu protokollieren. Diese Protokolle sollten allen Eigentümern zugänglich gemacht werden.
  • Koordination der Abstimmungen überprüft: Evaluieren Sie im Vorfeld, wie Sie die geheimen und offenen Abstimmungen durchführen. Die verwendeten Abstimmungstools sollten benutzerfreundlich sein und eine zuverlässige Erfassung der Stimmen gewährleisten.
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DIE ZUKUNFT DER EIGENTÜMERVERSAMMLUNG IST DIGITAL

Was Sie bei der Organisation hybrider Eigentümerversammlungen beachten müssen, wie Sie in Zukunft Zeit und Kosten sparen und ob Ihre Immobilienverwaltung bereit ist für die digitale Versammlung, lesen Sie in diesem Whitepaper.

Welche Kosten fallen für eine digitale Eigentümerversammlung an und wer trägt diese?

Die Kosten für eine digitale Eigentümerversammlung können variieren. Dabei können Kosten für die Anschaffung erforderlicher Software und technischer Geräte anfallen. Gleichzeitig ergeben sich jedoch Einsparungen, da keine Ausgaben für den Veranstaltungsort, die Verpflegung oder die Anreise anfallen. Mittel- bis langfristig könnten virtuelle Versammlungen dazu beitragen, die Gesamtkosten für die Verwaltung zu reduzieren. Häufig ist es jedoch so, dass durch die digitale Teilnahme erstmal Mehrkosten entstehen. Wie diese Kosten umgelegt werden können? Grundsätzlich können nur Kosten umgelegt werden, welche für die konkrete Versammlung entstanden sind.

Do’s and Dont’s: Worauf Sie als WEG-Verwalter:in im Vorfeld zusätzlich hinweisen sollten

  • Bild- und Tonmitschnitte der Versammlung sind nicht gestattet.
  • Da bei Eigentümerversammlungen online das Prinzip der Nichtöffentlichkeit gewahrt werden muss, ist eine digitale Teilnahme beispielsweise aus einem Café oder einem anderen öffentlichen Gebäude nicht erlaubt.
  • Ohne Zustimmung aller Teilnehmer:innen im Vorfeld darf die Eigentümerversammlung nicht aufgezeichnet werden.
  • Teilnehmer:innen dürfen immer nur eine Stimme abgeben.

Ein wichtiges Thema: Datenschutz und IT-Sicherheit bei einer Eigentümerversammlung online

1. Verschlüsselung und Datenschutz: Die Sicherheit von virtuellen Eigentümerversammlungen steht an erster Stelle. Die verwendeten Plattformen sollten eine end-to-end Verschlüsselung bieten, um sicherzustellen, dass die übertragenen Informationen vor unbefugtem Zugriff geschützt sind. Darüber hinaus sollte eine Datenschutzrichtlinie vorhanden sein, die die Verwendung von persönlichen Daten regelt und sicherstellt, dass die Privatsphäre der Teilnehmer gewahrt wird.  

2. Zugangsbeschränkungen: Um unautorisierten Zugang zu verhindern, ist es wichtig, Zugangsbeschränkungen einzurichten. Dies kann durch die Vergabe von individuellen Zugangsdaten oder den Einsatz von Einladungslinks erfolgen. Nur berechtigte Teilnehmer sollten Zugang zur virtuellen Versammlung haben, um die Sicherheit und Integrität der Diskussionen zu gewährleisten.  

3. Authentifizierung und Identitätsprüfung: Eine zuverlässige Authentifizierung der Teilnehmer ist entscheidend. Plattformen sollten Mechanismen zur Identitätsprüfung und -verifizierung bereitstellen, um sicherzustellen, dass nur Eigentümer und autorisierte Personen an der Versammlung teilnehmen können. Dies minimiert das Risiko von Identitätsdiebstahl und unbefugter Teilnahme.  

Empfehlung: Virtuelle Eigentümerversammlungen sind auf dem besten Weg, die Effizienz, Teilnahme und Transparenz von Entscheidungsprozessen in gemeinschaftlichen Immobilien erheblich zu verbessern. Mit der richtigen Technologie, klaren Prozessen und einer sorgfältigen Beachtung von Datenschutz und rechtlichen Aspekten können virtuelle Versammlungen eine nachhaltige Zukunftsperspektive für die Immobilienverwaltung sein.



*Diese Umfrage wurde zum 11.08.2023 gestartet. Es handelt sich hierbei um ein Meinungsbild. Die Ergebnisse der Online-Umfrage sind nicht mit einer repräsentativen Studie gleichzusetzen. Die Prozentangaben und die Teilnehmeranzahl entsprechen dem Stand vom 13.09.2023.

Referenzen

Das sagen Experten aus der Branche

„Seit Corona nehmen wir digital an Besprechungen teil. Diese Entwicklung wird auch vor Eigentümer­versammlungen nicht halt machen. Und das ist gut so.“

André Leber

Senior Manager Digital Processes, Haufe Group

„Ich würde mir hier [bei digitalen Eigentümerversammlungen] viel mehr Power bei den Vewalter:innen wünschen.”

Petra Mohns

Geschäftsführer der Domus Hausverwaltung GmbH Leipzig

„Aber selbst, wenn erst mal nur 20 oder 30 Prozent [bei der digitalen Eigentümerversammlung] mitmachen, wäre das auch schon eine Arbeitserleichterung."

Toni Altindagoglu

Immobilienkaufmann und Geschäftsführer der Pandion Service

„[Bei der digitalen Eigentümerversammlung heißt es] learning by doing, deshalb haben wir vorab mit den eigenen Mitarbeitern geprobt – und einfach mal machen.”

Ralf Michels

Geschäftsführender Gesellschafter, Ralf Michels Beratungen

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